Erläuterungen über die Errichtung einer Kindertagesstätte für 99 Kinder. Die tragende Konstruktion des zweigeschossigen Gebäudes besteht überwiegend aus Holz.
Nach Durchführung eines Städtebauwettbewerbes im Denkmalensemble ehemaliger Schlachthof im Norden der Stadt Weimar ist im vorderen Teil des Gesamtgebietes, Rosenthalstraße/Ecke Schlachthofstraße ein Kindergarten eingeplant. Die Hufeland-Träger-Gesellschaft Weimar hat das Grundstück erworben, um dort einen Kindergarten für 80 Kindergartenkinder und 20 Krippenkinder in massiver Holzbauweise zu errichten. Die Planungen dazu begannen im Jahre 2015.
Aufgabe war es, ein modernes pädagogisches Konzept in ein nachhaltiges Gebäude mit der deutlichen Erkennbarkeit eines modernen Baukörpers umzusetzen. Jedoch musste weiterhin die denkmalrelevante Umgebung mit berücksichtigt werden, um das Ensemble nicht zu stören. Der Baukörper besteht aus einer U-förmigen Anlage, welche einen Hof nach Süden zur Gartenseite bildet. Die Platzseite ist im Mittelteil des Gebäudes im Erdgeschossbereich geöffnet, um einen Bezug zum neuen öffentlichen Platz herzustellen. Im Erdgeschoss befinden sich die Gemeinschaftsfunktionen, wie Speise- und Begegnungsraum, Garderobe, Sanitäranlagen und die Verwaltung der Einrichtung sowie der Kinderkrippenbereich. Im Obergeschoss sind die Themenräume der Kindergartenkinder angeordnet. Die Erschließung erfolgt über zwei separate Zugänge für Kindergarten und Krippe. Die innere Erschließung ist über einen zweigeschossigen Spielflur realisiert, von dem die einzelnen Gruppenbereiche abgehen. Es gibt kein abgeschlossenes Treppenhaus. Die tragende Konstruktion des Gebäudes besteht im Wesentlichen aus Holzbaustoffen. Als Wände sind Massivholzmauern (MHM-Wände /1/) in unterschiedlichen Wanddicken verwendet worden. Diese Wände aus mehreren Lagen mit Aluminiumnägeln verbunden horizontalen und vertikalen Brettlagen, die damit einen kompakten Querschnitt bilden, wurden überwiegend in Dicken von 345 mm (15 Brettlagen) und 245 mm (11 Brettlagen) eingesetzt. Für die statische Berechnung der Wände liegen Planungshilfen vor /2/. Die Wände konnten, einschließlich der erforderlichen Öffnungen, im Holzbaubetrieb vorgefertigt und relativ schnell auf der Baustelle aufgestellt werden. Aufgrund der großzügigen Öffnungsbereiche für Fenster und Türen sind zusätzlich einige Wände im Innenbereich als stabilisierende Elemente in Stahlbeton ausgebildet. Ebenso ist für den Aufzug Stahlbeton zur Anwendung gekommen.
Um auch für die Decken im modernen Holzbau zu bleiben, sind anstelle der üblichen Holzbalkendecken, Brettstapeldecken zur Anwendung gekommen. Hier werden Holzlamellen in Dicken von 3 bis 4 cm ebenfalls mit Aluminiumnägeln hochkant verbunden, so dass eine Brett-an-Brett-Decke entsteht. Verbunden mit einem entsprechenden Aufbau ist diese Konstruktion sowohl statisch hoch belastbar, erfüllt aber auch den Brand- und Schallschutz sowie die Schwingungsnachweise. Im vorliegenden Fall waren Dicken der Brettstapeldecken von 22 cm ausreichend. Leider gibt es noch keine ausreichende Erfahrung bzw. Regelwerke zum möglichen Ansatz der Brettstapeldecken zur horizontalen Aussteifung von Gebäuden. Aus diesem Grunde wurde auf den Brettstapeldecken zusätzlich OSB-Platten verschraubt, um eine ausreichende Aussteifung der Deckenscheibe zu erhalten. Auflager für die Decken über großen Öffnungen, aber auch für Fenster- und Türstürze sind Träger aus Brettschichtholz verwendet worden. Besonders hochbelastete Träger bzw. Träger mit großer Spannweite und möglichst geringer Höhe sind aus Baubuche hergestellt. Baubuche ist ein Furnierschichtholz aus Buche mit einer Festigkeit von GL70 und somit fast 3x tragfähiger als Nadelschnittholz C24. Es ist für tragende Konstruktionen als Träger Baubuche GL70 und Platte Baubuche lieferbar. In Bereichen der Fenster der Piazza im Erdgeschoss und für Unterzüge zur Auflagerung der Decken im Innenbereich ist Baubuche GL70 zur Anwendung gekommen. Der Bereich der Piazza einschließlich des Kindercafes ist großzügig verglast. Die als Auflager der Unterzüge notwendigen Stützen sollten so schlank wie möglich ausgeführt werden. Da Träger Baubuche GL70 auch als Stützen verwendet werden können, war es möglich, einen Stützenquerschnitt von 12/24 mit einer Feuerwiderstandsdauer von F30 zu gewährleisten.
Die Dachkonstruktion mit ihren unterschiedlichen Dachneigungen ist als Pultdach in normaler Sparrenbauweise geplant worden. Zur Vermeidung eines in der Kehle des Hauptdaches erforderlichen Unterzuges und dessen Abstützungen, sind alle Hauptsparren (Abstand 1,25 m) im Knickpunkt biegesteif durch eine mittig angeordnetes Blech mit Stabdübeln gestoßen. Die Aussteifung des Daches erfolgte durch auf die Haupt- und Nebensparren aufgenagelte OSB-Platten. Für den Überstand des Daches auf der Hofseite war für die größte Auskragung von 3,00 m eine Verstärkung der Sparren mit U-Profilen erforderlich, um nicht breitere oder höhere Sparren verwenden zu müssen.
Die Gründung des nicht unterkellerten Gebäudes erfolgte mit einer Stahlbetonplatte von 30 cm Dicke auf einem 80 cm hohen Gründungspolster. Um den Spritzwasserbereich für die Holzkonstruktion zu meiden, sind Stahlbetonaufkantungen vorgesehen worden.
Die Treppen, sowohl im Gebäude als auch auf der Hofseite, sind in Stahlkonstruktion mit aufgesetzten Holzstufen ausgeführt.
Am 27.04.2018 konnte der Kindergarten feierlich dem Bauherrn und den Kindern übergeben werden.
Dr.-Ing. Hans-Reinhard Hunger
Fotos: Ingenieurbüro Dr.-Ing. Hunger
Bauvorhaben: Neubau Kita „Holzwürmchen“ Weimar, Rosenthalstraße
Bauherr: Hufeland-Träger-Gesellschaft Weimar mbH
Bauzeit: 11/2016 – 04/2018