Am 25. April 2019 wurde das ZEISS-PLANETARIUM in Jena, als nunmehr zweites Thüringer Bauwerk, feierlich in die Reihe der Historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland aufgenommen.
Es steht damit in einer Reihe mit bekannten Bauwerken wie dem Hamburger Elbtunnel, dem Flughafen Berlin-Tempelhof und dem Teepott in Rostock-Warnemünde.
Die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammer Thüringen luden am 25. April 2019 zur Verleihungsveranstaltung des Titels „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ in das ZEISS-PLANETARIUM in Jena ein.
Das die Verleihungsveranstaltung direkt in die Vorabendveranstaltung der 64. Bundesingenieurkammer-Versammlung überging hat vielleicht auch dazu beigetragen, dass ca. 200 interessierte Gäste aus dem Berufsstand, der Politik, der Wirtschaft, von Bildungseinrichtungen und aus weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens begrüßt werden konnten.
Das große Interesse am zu würdigenden Objekt und am Veranstaltungsformat wird vielleicht auch dadurch deutlich, dass es leider aufgrund der zur Verfügung stehenden Platzverhältnisse im Kuppelsaal des Planetariums unumgänglich war, die Teilnahmemöglichkeit unter Berücksichtigung der Anmeldungsreihenfolge zu begrenzen.
Das ZEISS-PLANETARIUM wurde am 18. Juli 1926 eröffnet und ist das betriebsälteste Planetarium weltweit. Sowohl die revolutionäre Projektionstechnologie als auch die damit untrennbar zusammenhängende Stahlbeton-Schalenbauweise „System ZEISS-DYWIDAG“ sind mit dem Namen des Ingenieurs Walther Bauersfeld (1879–1959) verbunden.
Die Herausforderung bestand darin, Projektionsapparat und Kuppel ideal aufeinander abzustimmen. Bauersfeld hatte daher im Auftrag des Deutschen Museums nicht nur eine neuartige Maschine zur Projektion des Sternenhimmels entwickelt, sondern auch ein räumliches Stabnetzwerk als Projektionsfläche.
In Zusammenarbeit mit dem Dywidag-Oberingenieur August Mergler entstand schließlich eine Kuppel mit einem Durchmesser von 25 m und einer Oberfläche von 981 qm.
Das Eisenfachwerk wurde mit einer 6 cm starken Betonschicht ausgefüllt und umkleidet. Der moderne Schalenbau war damit erfunden und stellte eine bahnbrechende Entwicklung in der Geschichte des Stahlbetonbaus im 20. Jahrhundert dar. Der Publikumserfolg des ZEISS-PLANETARIUMS war groß. Innerhalb von zehn Jahren wurden weltweit zahlreiche ähnliche Bauten errichtet wie beispielsweise die Planetarien in Berlin (1926), Mailand (1930) und New York (1934).
Das Veranstaltungsprogramm begann auf dem Vorplatz des Planetariums. Nach einigen kurzen Begrüßungsworten folgte unmittelbar die feierliche Enthüllung der Ehrentafel durch den Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen, Herrn Bodo Ramelow, den Präsidenten der Bundesingenieurkammer, Herrn Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer, den Geschäftsführer der Ernst-Abbe-Stiftung und Aufsichtsratsmitglied der Sternevent GmbH, Herrn RA Rolf-Ferdinand Schmalbrock und den Präsidenten der Ingenieurkammer Thüringen, Herrn Dipl.-Ing. Elmar Dräger.
Im Anschluss daran begann der Einlass in den Kuppelsaal des Planetariums, der dem Anlass entsprechend ausgestattet war.
Nachdem die Gäste an den 21 Rundtischen Platz genommen hatten, begrüßte der Geschäftsführer der Ernst-Abbe-Stiftung, Herr RA Rolf-Ferdinand Schmalbrock, das Auditorium und machte einige Ausführungen zur „Raumzeitmaschine“ Zeiss-Planetarium.
Insbesondere stellte er auf das umfangreiche Programmangebot ab, welches das Objekt auch charakterisiert, denn das Zeiss-Planetarium ist durch seinen heutigen Nutzungsumfang ein aktiver Bestandteil des kulturellen Angebots und der schulischen Bildung, d. h. ein „Ingenieur-Denkmal“, das mit Leben erfüllt ist und touristischen Belangen Rechnung trägt.
Ministerpräsident Bodo Ramelow wies in seinem Grußwort u. a. darauf hin, dass auf die dokumentierte Wertschätzung von Ingenieurbauwerken, wie dem ZEISS-PLANETARIUM besonderer Wert gelegt werden sollte, denn es werden sowohl das Bauwerk an sich als auch die dahinterstehenden Ingenieurleistungen gewürdigt. Der Ministerpräsident traf folgende Einordnung: „Die Initiative der Ingenieurkammern, eine besondere Auszeichnung zu verleihen für „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“, stärkt nicht nur das öffentliche Bewusstsein für die Ingenieurbaukunst. Sie leistet damit zugleich einen wichtigen Beitrag, gerade auch junge Menschen für entsprechende berufliche Laufbahnen zu begeistern. Auch deshalb gilt den Kammern mein Dank für dieses Engagement.“
Der Präsident der Bundesingenieurkammer, Herr Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer ordnete das Veranstaltungsformat als hervorragende Möglichkeit ein, um auf richtungsweisende Ingenieurleistungen abzustellen und zu verdeutlichen, dass viele relevante Entwicklungen „ingenieurgeprägt“ sind. „Die Bauwerke vergangener Zeiten verhelfen uns zu interessanten Erkenntnissen über die damalige Ingenieurbaukunst. Durch ihre Einzigartigkeit ermöglichen sie uns aber auch, bei der jüngeren Generation für den verantwortungsvollen und vielseitigen Beruf der Bauingenieurinnen und Bauingenieuren zu werben. In Zeiten von großem Fachkräftemangel ist uns das ein besonderes Anliegen“, komplettierte der Präsident der Bundesingenieurkammer seine Ausführungen.
Zum Abschluss der Grußworte ging der Präsident der Ingenieurkammer Thüringen, Herr Dipl.-Ing. Elmar Dräger darauf ein, dass die Errichtung der Kuppel eine technische Meisterleistung war, die wesentlich zur Weiterentwicklung des Betonschalenbaus beigetragen hat.
Präsident Dräger schätzte die Titelverleihung zudem wie folgt ein: „Das historische Solitär ZEISS-PLANETARIUM ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass anwendungsbereites und belastbares Ingenieur-knowhow die Grundlage für die Realisierung komplexer und funktional anspruchsvoller Bauvorhaben ist. Ich würde mich freuen, wenn mit der Würdigung derartiger Bauwerke dazu beigetragen werden kann, die Bedeutung des Ingenieurberufs in der Gesellschaft wahrnehmbarer zu positionieren. Mit dem Schlagen von Brücken aus der Vergangenheit, über die Gegenwart in die Zukunft, wird deutlich, welchen Einfluss Ingenieurinnen und Ingenieure auf die Ausgestaltung unserer Welt haben.“
Ergänzt wurde der „formelle Teil“ der Veranstaltung noch durch einen Vortrag mit dem Titel „Erleben des aktuellen Sternenhimmels“, der durch Frau Dr. Dr. Susanne M Hoffmann gehalten wurde.
Alle technischen und historischen Hintergründe zum ZEISS-PLANETARIUM in Jena sind in der Publikation von Bertram Kurze zusammengefasst, die in der Schriftenreihe „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ Mitte Mai 2019 erscheint. Seit 2007 erhielten 24 Bauwerke eine solche Auszeichnung.
Die eigens hierzu herausgebrachte Schriftenreihe porträtiert alle ausgezeichneten Bauwerke. Weitere Informationen zu den Wahrzeichen sowie den jeweiligen Publikationen finden Sie unter: wahrzeichen.ingenieurbaukunst.de/
Die Auszeichnungsreihe Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst wird unterstützt vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, den Ingenieurkammern der Länder und dem gemeinnützigen Förderverein „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“.
Fotos: Thomas Abé, Weimar