Im Rahmen der Gratulation zu seinem 80-ten Geburtstag (19.04.2023) bestand auch die Gelegenheit, mit dem Ehrenpräsidenten der Ingenieurkammer Thüringen, Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Ulrich Mönnig, ins Gespräch zu kommen und gegenwärtige kammerrelevante Randbedingungen aus Sicht eines ehemaligen Ehrenamtlers beurteilen zu lassen.
Insbesondere da keine unmittelbare Einbindung in das „Tagesgeschäft“ mehr besteht, können ggf. andere bzw. erweiterte Perspektiven eingenommen werden. Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Ulrich Mönnig war im Zeitraum von 2004 bis 2013 Präsident der Ingenieurkammer Thüringen.
Sein Arbeitsstil war stets von seinen analytischen und organisatorischen Fähigkeiten geprägt, was auf seine Tätigkeit als Hochschullehrer zurückgeführt werden kann. Auch nach der beruflichen Tätigkeit engagierte sich der Ehrenpräsident in der Kammerarbeit, wie als Gast der Vorstands- und Vertreterversammlung oder wie bis vor Kurzem noch mit Zuarbeiten für den Arbeitskreis Wettbewerb und Vergabe der Thüringer Ingenieurkammer. Es wird eine Person gefeiert, mit der wir auf ein 80-jähriges von Hoffnungen, Erfolgen und – das ist unvermeidbar – sicher auch von Enttäuschungen geprägtes, reiches, spannendes und ungeheuer aktives Leben schauen.
Es war immer schon wichtig, berufspolitische Signale zu setzen. Aber eventuell ist es heutzutage ja noch wichtiger geworden, sich vernehmbar zu Wort zu melden, wobei es zugleich so erscheint, dass es zunehmend schwieriger wird, mit wohlgemeinten und zutreffenden Botschaften vernommen zu werden, denn die allgemeine Gemengelage ist hochkomplex und der Ton wird rauer, unversöhnlicher, ja bisweilen hysterischer.
Der Geschäftsführer der beruflichen Selbstverwaltung Herr Dr.-Ing. Rico Löbig, bedankt sich beim Ehrenpräsident für seine Bereitschaft, einige Themenbereiche einzuordnen und, wie vorbenannt, Stellung im Sinne der Interessenvertretung des Berufsstandes zu beziehen.
Herr Prof. Mönnig, können Sie Einordnungen nachvollziehen, dass der „Standort Deutschland schwächelt“? Es ist offensichtlich, dass die ehemalige Stärke Deutschlands bei der Infrastruktur schwindet, Deutschland bei der Breitbandversorgung nur im Mittelfeld verortet werden kann und auch Bodenverlust bei den Themen Bürokratie und Regulierung zu verzeichnen ist?
Ihre Vermutung trifft für alle Sparten der Infrastruktur zu. Beispiel Schiene: nach wie vor rollt unsere Lagerhaltung auf den Autobahnen. An eine Güter-Verlagerung auf die Schiene ist nur bedingt zu denken, denn die jährlichen Verspätungen im Zugnetz nehmen kontinuierlich zu. Laut Statistiken der DB kommen 90 % der Züge mit einer Verspätung von 6 (5’59’’) Minuten an. Nach DB -Bürokratie gilt eine Verspätung bis ‚5 Minuten und 59 Sekunden‘ als pünktlich. Erweitert man die Verspätung auf etwa 16 Minuten, dann sind es 98 % der Züge. Praktisch kommt kein Zug pünktlich an. Daraus entsteht ein gewaltiger volkswirtschaftlicher Schaden durch verlorene Arbeits- und Freizeit und durch Verspätungs-Entschädigungen an Reisende (2022 hat die DB mehr als 92 Mio. € zahlen müssen). Als Ursachen werden notwendige Sanierungen und Erweiterungen des Schienennetzes genannt, besonders der Brücken, sowie eine Verkehrs-Überlastung des Netzes. Noch eindrucksvoller wird es, wenn man die im Internet einsehbaren Zahlen an Verspätungs-Minuten in „verlorene Zeit“ umrechnet. Im Personennahverkehr sind 2022 40 Mio. Verspätungs-Minuten entstanden, also mehr als 340 – Arbeitszeitjahre; im Personenfernverkehr waren es 10 Mio. Verspätungsminuten, also immer noch 85 Arbeitszeitjahre. Die Steigerung der Verspätung, bezogen auf die Jahre von 2013 bis 2022, beträgt etwa 30 %.
Die Sachwalter unseres Steuer-Eigentums im Gemeinwohl sind die zuständigen Minister in der Regierung, deren Vorgänger noch die Absicht hatten, die Bahn an die Börse zu bringen. Personalabbau auf allen Ebenen des Unternehmens und Sparprogramme bis an die Substanzgrenze waren die logischen Konsequenzen. Das war und ist ein Fehler. Eine Gütertransportverlagerung auf die Schiene würde das Chaos weiter vergrößern. Ein vernünftiger Kompromiss, das Transportgeschehen im Land als Gesamtprojekt zu betrachten, fehlt. Wenn Fachministerien von Berufspolitikern geführt werden, ist ein eingeschränktes Fach- und Problemverständnis nachvollziehbar, was jedoch durch den Einsatz kostspieliger Beratungsdienstleistungen und Knowhow-Abhängigkeiten kompensiert werden muss, denn notwendige Fachkenntnisse und persönliche Erfahrungen fehlen.
Derzeit wird mehr als jede zehnte Brücke auf Autobahnen und Bundesstraßen als marode eingestuft und es ist nicht schwer nachzuvollziehen, dass
sich dieses Problem weiter verschärft.
Stimmen Sie dem zu, dass neben der Notwendigkeit der Verstetigung der Investitionen sich auch dem Themenbereich Planungs- und Genehmigungsverfahren intensiver gewidmet werden muss?
Die nicht, oder nur unzureichend gegebene Verstetigung von Investitionen ist ein grundsätzliches Problem in allen Phasen eines Projektes von der Idee bis zur Fertigstellung, einschließlich der Genehmigung und Finanzierung.
Vielleicht darf ich kurz beim Beispiel Schienenverkehr bleiben. Was im Netzausbau und in der Organisation der Bundesbahn gefehlt hat und fehlt, ist eineStrategie in die Zukunft, die objektivierbar − d. h. von politischen Positionenunbeeinflusst − auf ein Handlungsprogramm orientiert wird. Ein solches Strategiepapier muss mit zeitbedingten Anpassungen eine Langzeitgültigkeit haben.
Was im Großen gilt, macht sich im Kleinen besonders bemerkbar. Es gibt zum Beispiel die gesetzlich geregelte Brückenprüfung nach DIN 1076, die in einem festgelegten Jahresrhythmus und je nach Größe und Bedeutung der Bauwerke durchgeführt werden. Nach meiner Kenntnis sind in Deutschland Brückeneinstürze bei Einhaltung des Regelwerks ausgeschlossen. Dennoch gibt es finanzielle Randbedingungen, Sanierungsmaßnahmen abzuwägen mit Einschränkungen der Nutzung (Last- oder Geschwindigkeitsbegrenzung), um Reparaturen oder den Neubau voraus schauend zu planen.
Dieses Organisationsprinzip gilt für alle Transport- und Mediennetze (Personen, Güter, Wasser, Abwasser, Daten etc.). Was früher mehr oder weniger analog auf Zuruf funktionierte, ist in entwickelten Gesellschaften nur noch als digitales Paket zu leisten, das die Entscheidungs- und Finanzbehörden, notwendige Planer, Ausführende und die Netzverwaltung einschließt. Damit ist eine finanzielle Verstetigung von Investitionen möglich und zielgerecht plan- und einsetzbar. Eine stabile finanzielle Verstetigung der organisatorischen und baulichen Infrastruktur unseres Landes ist auf dem gegenwärtigen Niveau der Breitbandversorgung nicht zu leisten. Es gibt Insellösungen, die aber teilweise schon in der Kompatibilität zu anderen Bundesländern versagen. Die Beschäftigung mit diesem Thema bezieht sich gegenwärtig auf Stückwerk-Lösungen und mitunter propagandistisch anmutende Appelle bzw. Themenüberhöhungen (BIM). Es scheint gegenwärtig so, dass die Aufgabe „Digitalisierung der Gesellschaft“ nur als Appendix eines Ministeriums geduldet wird, ohne konstruktive Bedeutung zu erlangen.
Wir brauchen auf Bundesebene ein tragfähiges Digital-Fundament, das mit passgenauer digitaler Anbindung des Bundes an die Bundesländer und untereinander nach einem Masterplan Deutschland aus dem gegenwärtigen Dilemma herausführt.
Planungsdienstleistungen werden durch Ingenieurinnen und Ingenieure (und natürlich auch durch Architektinnen und Architekten) erbracht. Die Statistik belegt, dass die Absolventenzahlen in MINT-Studienrichtungen abnehmen. Wie ordnen Sie diese Situation ein?
Dieses gesellschaftliche und kulturelle Problem zeigt, dass wir mit der Freiheit, jedem zu ermöglichen, machen zu können, was ihm beliebt, an eine Grenze stoßen.
Wir produzieren an unseren Hochschulen mit bestimmten Studiengängen ein Überangebot an Absolventen, die sich nicht den Mühen der MINT-Fächer, insbesondere im mathematisch-naturwissenschaftlichen oder Ingenieurbereich, unterziehen wollen. Die Zahl dieser Absolventen, die in eine bildungsadäquate Berufstätigkeit einbezogen werden können, liegt bei etwa 5 – 8 % oder darunter. Unsere Gesellschaft erfreut sich zunehmend an Freizeit, Spaß und Spiel. Etwas Solides zu lernen, scheint manchen Jugendlichen nicht wichtig, im Notfall wird anscheinend auf soziale Unterstützung, diese wird durch den Steuerzahler finanziert, vertraut. Um dieses Manko auszugleichen, wird versucht, „preiswerte“ Fachkräfte aus ärmeren Ländern abzuwerben, was der falsche Weg ist und die Kluft zwischen armen und reichen Ländern vergrößert. Unser Bildungssystem ist im europäischen Rahmen nur noch Mittelmaß. Wir vernachlässigen unsere Jugend, durch Mangel an Lehrkapazitäten und die Vernachlässigung einer fundierten schulbegleitenden Berufsvorbereitung.
Es fehlt uns an motivierender Beratung der Schüler und Studenten, auch unter Berücksichtigung individueller Lebensentwürfe, die auch als „Experimente“ angelegt sind. Oft wird die Ernüchterung erst bewusst, wenn Familienfürsorge, auch allgemeine Härten, das persönliche Leben bestimmen. Die Fachlehrer sind überfordert. Es müssten geeignete, zum Schulprogramm gehörende, spezielle Aufklärungs-, Beratungs- und Motivierungsveranstaltungen aufgelegt werden, die den jungen Leuten realistische Alternativen anbieten.
Herr Prof. Dr. Michael Kaschke, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Carl Zeiss AG und Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft hat vor einiger Zeit in einem Textbeitrag in der Tagespresse (Thüringer Allgemeine, 16.03.2023, Seite 8) angemahnt, dass eine „Anstrengungskultur“ erforderlich ist, damit Deutschland seine Position auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet halten kann. Einer der wichtigen Punkte dabei ist die Bildung. Wie schätzen Sie in diesem Kontext die vermeintliche Tendenz ein, dass zunehmend Wert auf Kompetenzen gelegt wird, anstatt den Fokus auf grundlegendes Wissen zu legen?
Dass eine Bildung, auf welchem Niveau auch immer, notwendig ist, um die Positionen auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet zu halten, ist eine Binsenweisheit. Aber, wenn in der Bildung, wie in Ihrer Frage angesprochen, für Kompetenzen gegenüber dem grundlegenden Wissen eine Tendenz der Überbetonung zu erkennen ist, wird ein grundsätzliches Prinzip der Ausbildung verletzt.
Es muss zuerst eine wissenschaftliche Basis, auch im angewandten wissenschaftlichen Verständnis, für die prägenden Abläufe eines Berufsfeldes gelegt werden und erst dann sind Kompetenzen, also Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die bezogen auf die Wissenschaft, den Überbau bei der Lösung von Problemen darstellen.
Wer nur trainiert wird, eine Aufgabe in einer angelernten Routine zu bewältigen, verliert die Fähigkeit des komplexen Denkens auf seinem Fachgebiet. Erkennt und beherrscht nicht die wissenschaftlichen Grundlagen und Zusammenhänge und ist nicht in der Lage, im Analogieschluss andere Aufgaben seines Fachgebiets zu bewältigen. Für jeden erfolgreichen akademischen, oder handwerklich geprägten Beruf ist deshalb ein Mindestmaß an einem wissenschaftlich fundierten Erkenntnisstand notwendig, also die Fähigkeit, mit erworbenen wissenschaftlichen Grundlagen im Analogieschluss auch andere Probleme des jeweiligen Fachgebietes zu erfassen und zu lösen. Das bedarf, wie in der Frage formuliert, einer (persönlichen) Anstrengungskultur, die innere „Bequemlichkeit“ – freundlich formuliert – zu überwinden. Auch da ist – wie in anderem Zusammenhang schon betont – im guten Sinne Beratung und eine (sensible) Überzeugungsarbeit zu leisten. Bei den Lehrenden ist Augenmaß geboten, um sich nicht in wissenschaftlichen Abstrakten zu verlieren und den beruflichen Bezug herzustellen.
Halten Sie Befunde für nachvollziehbar, dass eine Überhöhung des Nachteilsausgleichs im Bildungsbereich dazu führt, dass von denen, die leistungsstärker sind, letztendlich zu wenig gefordert wird und dadurch Potentiale verschwendet werden, auf die wir angewiesen sind?
Anders gefragt, wird nach „unten“ nivellieret“, d. h. wird ein Qualitätsverlust in Kauf genommen?
Diese schwierige bildungspolitische Frage bedarf sowohl einer sozial-emotionalen als auch einer fachlich inhaltlichen Abwägung. Es geht um die Inklusion. Wir hatten in der DDR die Sonderschulen für Kinder mit einer attestierten Lernbehinderung. Nach meiner Kenntnis ging es darum, diese Schüler für eine bestimmte, von ihnen zu leistende, berufliche Aufgabe vorzubereiten. Würden diese Kinder, die meist auch eine hohe emotionalen Sensibilität haben, in eine normale Klasse eingewiesen, käme es oft, trotz aller Fürsorge zu demütigenden Zurücksetzungen, aber auch zu Verlusten im allgemeinen Lernniveau der Klassen. Diese Entscheidung in Abstimmung mit Schule, Elternhaus und medizinischen Experten zu treffen, muss sorgfältig und verantwortungsvoll erfolgen. Das Wohlwollen und Wohlergehen des Kindes bei der Einordnung in reguläre Klassen sind entscheidend.
Kinder ohne geistige Beeinträchtigung, die jedoch eine körperliche Behinderung aufweisen, sollten selbstverständlich in „normale“ Klassen aufgenommen werden. Der eventuell notwendige Betreuungsaufwand darf kein Hindernis sein.
Ungeachtet der Tatsache, dass fachliche Problemlösungen nicht mit Glaubenssätzen und Hoffnungen erreicht werden können, stellt sich die Frage, wie kommen die Ingenieurbüros unserer Kammermitglieder an geeignetes Fachpersonal, wenn die Personalsituation im MINT-Bereich immer angespannter wird und der Wettbewerb um das Personal (Mitbewerber sind u. a. die Bauindustrie, die öffentliche Verwaltung und Staatsbetriebe) robuster geführt wird?
Wenn unsere Gesellschaft sich vermehrt auf Spiel und Spaß orientiert, sind ernsthafte (bzw. systemrelevante) Berufe, die zur Entwicklung und allgemeinen Prosperität beitragen, im Nachteil. Landläufig besteht die Auffassung, dass Computerprogramme unsere Arbeit erledigen, vielleicht später dann auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI; ChatGPD). Darin liegt, wie bei der Verwendung wissenschaftlicher Neuerungen für die Waffenindustrie, eine Gefahr.
Auch wir müssen unsere Berufsphilosophie anpassen bzw. verändern. Wir lassen uns auf unserem Berufsfeld von neuen, aber in der Wertschöpfungskette unwesentlichen beruflichen Spezialisierungen unterdrücken. Der ursprüngliche Gedanke, mit der Kammerbildung in der Bundesrepublik vor etwa 30 Jahren ein politisch gewolltes Qualitätsinstrument, auch eine Wertschätzung der freiberuflichen Ingenieure, nicht nur einfach zu erklären, sondern um deren Stellenwert und hohe volkswirtschaftliche Verantwortung zu verdeutlichen, wurde in den letzten Jahren – auch von der Politik massiv zurückgedrängt. Diese Tendenz ist in den einzelnen Bundesländern, ggf. abhängig von der jeweiligen politischen Orientierung, unterschiedlich ausgeprägt. Die Regelungen reichen in den einzelnen Kammergesetzen von der Pflichtmitgliedschaft aller freiberuflichen Ingenieure bis zu selektiven, listengebundenen Mitgliedschaften für ausgewählte Berufsspezialisierungen. Hinzu kommt, dass durch die EU sowohl für die Honorierung der Architekten und Ingenieure (HOAI) als auch für die technischen Grundsätze (EuroCode) nationale Regelungen und technischen Regelungen im Niveau aufgeweicht wurden. Junge Leute orientieren sich an interessanten Aufgabenfeldern, der späteren beruflichen Anerkennung und gesellschaftlichen Wertschätzung und erst in zweiter Linie an der auskömmlichen Honorierung bzw. dem gebührenden Gehalt, was dann zwangsläufig mit den genannten Kriterien gegeben sein muss. Die Gesellschaft und die Politik haben diesen Verfall einer wertgeschätzten Berufsethik zugelassen. Aus Erfahrungen mit Schadensfällen ist bekannt, dass diese Entwicklung die Gesellschaft viel Geld kostet. Vormals angemessen geregelte Berufsbilder werden nun vermeintlichen Vorteilen des freien Markts geopfert. Auch Öffentliche Auftraggeber erfragen bei Vergaben teilweise sittenwidrige Rabatte oder weichen auf Billig-Anbieter aus.
Wir können das aufgeworfene Problem nur durch eine Rückkehr auf die vormaligen Gründungskriterien der Kammern lösen und die Tätigkeit der Architekten und Ingenieure wieder mit den stringenten Verpflichtungen und Verantwortungen als Qualitätshüter des Planens und Bauens im gesellschaftlichen Auftrag formatieren.
Herr Professor Mönnig halten Sie Meinungen für berechtigt, dass die Ansprüche im „Work-Life-Balance-Bereich“ zunehmend der wirtschaftlichen Realität enteilen?
„Work-Life-Balance-Bereich“ klingt gut, ist aber ohne grundsätzliche Reformen nur bedingt denk- und durchsetzbar.
Eine Verallgemeinerung ist nach meiner Einschätzung nicht möglich. Es gibt soziale, psychologische und arbeitsrechtliche Aspekte, die nur als Insellösung und nur bei einer allgemeinen Akzeptanz funktionieren können.
Sicherlich eignen sich digitalisierbare Bürotätigkeiten, auch in unserem Bereich. Dennoch braucht eine funktionierende Wirtschaft Arbeitszeit mit geregelten Anwesenheiten zur Abstimmung, die jedoch auf Zuruf nur bedingt effektiv sein kann. Beide Seiten werden zunächst die wirtschaftlichen und lebensbezogenen Aspekte in den Vordergrund stellen, also junge Familien mit Kindern und abgestimmte Teilzeitmodelle, dass beispielsweise bestimmte Arbeitsplätze von zwei Personen ausgefüllt werden.
Das kann erfolgreich sein, wenn das die organisatorischen Voraussetzungen zulassen. Die heute schon überall in der Welt anzutreffenden digitalen Nomaden, die in welcher wirtschaftlichen Organisationsform auch immer, saisonal durch die Welt ziehen, sicherlich auch mit Auftraggebern im Internet verbunden sind,bleiben die Ausnahme. Es wird weiterhinnotwendig sein, die Arbeitsaufgaben am Arbeitsort zu erfüllen.Im Übrigen sollten zunächst die „Schularbeiten“ für die Lösung der angesprochenen Probleme gemacht werden, ehe man sich schönen, aber nur bedingt zu verwirklichenden Träumen hingibt.