In einem Gespräch mit der Staatssekretärin beim Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Frau Prof. Dr. Barbara Schönig, hatten der Präsident und der Geschäftsführer der beruflichen Selbstverwaltung Thüringer Ingenieurinnen und Ingenieure am 27. April 2022 Gelegenheit, einige für den Berufsstand relevante Themen zu diskutieren.
Der Meinungsaustausch bot insbesondere die Möglichkeit, das Thema „Bedarf an Ingenieurfachkräften“ zu erörtern. Die Situation stellt sich derart dar, dass gegenwärtig eine enorme Nachfrage nach Ingenieurfachkräften vorliegt, die im starken Gegensatz zum diesbezüglichen Angebot auf dem Arbeitsmarkt steht. Arbeitgeber sind demzufolge gefordert, diesen Konflikt aufzulösen, wenn notwendige Stellenneu- bzw. Stellennachbesetzungen erfolgreich durchgeführt werden sollen. Das Setzen von Anreizen im Bereich „Entlohnung“ bedarf jedoch einer entsprechende Finanzkraft des Arbeitgebers. In diesem Zusammenhang darf vielleicht festgehalten werden, dass die in jüngerer Vergangenheit erfolgte Fortschreibung der Honorarordnung und die vermehrt wahrnehmbare Praxis der „Nachlasskultur“ im Bereich der Auftragsvergabe eher nicht als Faktoren bezeichnet werden können, die zur Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Situation von Ingenieurbüros beitragen. Deshalb ist es umso wichtiger, beständig dafür zu sensibilisieren, dass auskömmliche Honorierung und qualitativ hochwertige Ingenieurdienstleistungen in direkter Wechselbeziehung stehen.
Das zunehmende Ungleichgewicht zwischen verfügbaren Fachkräften und freien Arbeisstellen im Ingenieurbereich wird kurzfristig nicht durch eine entsprechende Anzahl an Absolventinnen und Absolventen von Studienrichtungen des Ingenieurwesens ausgeglichen werden können.
Im Wettbewerb um die Ingenieurfachkräfte agieren u. a. die Bauindustrie, die öffentliche Verwaltung und Ingenieurbüros. Dass die Akteure ihre Aktivitäten intensivieren kann vielleicht auch daran abgelesen werden, dass sich der Freistaat Thüringen seit kurzer Zeit mit einem neuen Karriere- und Bewerberportal als Arbeitgeber präsentiert, denn annähernd die Hälfte der derzeitigen Landesbediensteten wird in den nächsten 15 Jahren in den Ruhestand gehen.