Am 21. und 22. September 2023 fand der diesjährige Kammerrechtstag in Frankfurt am Main im Gebäude der Landesärztekammer Hessen statt. Veranstaltet wurde dieser Erfahrungsaustausch, wie auch in den Vorjahren, vom Institut für Kammerrecht e.V. unter der Regie von Prof. Dr. Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Vorsitzendem des Institutes.
Durch renommierte Referenten wurden diverse kammerrechtsrelevante Themen vorgetragen und diskutiert.
Nach der Begrüßung referierte der langjährige Organisator Prof. Dr. Winfried Kluth zum Thema „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz als Herausforderungen für das Wirtschaftsleben, das Berufsrecht und die Berufsaufsicht“. Insbesondere die Änderungen von Arbeitsprozessen und Kommunikationsstrukturen und die daraus folgenden Auswirkungen auf das Berufsleben wurden thematisiert. Das für Architekten
und Ingenieure wichtige Fazit des Vortragenden: Für die Freiberuflichkeit – im Gegensatz zum Gewerbe – bleibt die Verantwortung am Resultat der Arbeit und die Haftung bei mangelnder Sorgfalt auch nach Nutzung einer KI bestehen.
Danach folgte ein Vortrag zu den „Aktuellen Entwicklungen im Bereich der Fachkräfteeinwanderung und der Rolle der Kammern“ durch die Referenten Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Breidenbach aus Halle, Politikwissenschaftler Dr. Holger Kolb aus Berlin und der Pressereferentin des DIHK Kai von Lengerke aus Berlin. Als erfreulich wurde ein Spurwechsel in der Gesetzgebung hervorgehoben, der es sowohl bereits hier lebenden Personen erleichtert, ihr Potenzial auf dem deutschen Arbeitsmarkt anzubieten, als auch Migranten und Flüchtlingen mit – und in Ausnahmefällen auch ohne – Fachwissen ermöglicht, rechtssicher deutschen Unternehmen zur Verfügung zu stehen. Verbesserungsbedarf besteht aber noch bei der Ausstattung der zuständigen Stellen, wie den Ausländerbehörden, mit Personal und einer zügig funktionierenden Struktur, um die Ansprüche zeitnah abzuarbeiten.
Wichtig war auch das Fazit des dritten Vortragenden Prof. Dr. Philipp Austermann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl zu „Aktuellen Entwicklungen im Bereich des Lobbyregisterrechts“ für die Kammern, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert sind: Es soll eine Klarstellung in das neue Lobbyregistergesetz kommen, dass eine Eintragung nicht erfolgen muss, weil Kammern Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Bisher war das nicht ausdrücklich geregelt.
Zuletzt stellte Prof. Dr. Detlef Sack von der Bergischen Universität in Wuppertal eine aktuelle Studie zu „Innungen im Wandel“ vor. Danach ist der Zulauf zu den meisten Innungen der Bundesländer, bis auf Brandenburg, rückläufig. Dem kann zukünftig nur durch Neudefinition der Kernaufgaben und Effizienzgewinn durch Fusionen begegnet werden. Derartige Erwägungen müssen die Kammern zukünftig wohl auch einbeziehen.
Am zweiten Tag schlossen sich weitere vier interessante Beiträge an.
Im ersten Vortrag stellte Dr. Alexander Petschulat, Leiter des Rechtsreferates der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen, die Ergebnisse der abgeschlossenen Novellierung des dortigen „Neuen Baukammergesetzes NRW“ vor, die er seit 2017 mit begleitet hat. Die umfassenden Änderungen haben nicht zuletzt dazu geführt, dass das Gesetz deutlich übersichtlicher und kürzer, Reduzierung von ca. 90 auf etwa 50 Paragraphen, gestaltet werden konnte.
Danach referierte Dr. Thomas Günther von der Kreishandwerkerschaft in Köln zu den „Grundsätzen und aktuellen Fragen des Kammerwahlrechts“, der Handwerksordnung und des Industrie- und Handelskammergesetzes.
Dr. Frank Rieger, Geschäftsführer Recht- und Steuern bei der Niederrheinische Industrie- und Handelskammer in Duisburg-Wesel-Kleve stellte danach auszugsweise den aktuellen „Rechtsprechungsreport Kammerrecht 2023“ vor. Vor allem im Bereich des Alltagsgeschäftes der Kammern, insbesondere zur Verbandskompetenz, zum Wahlrecht, zum Organisationsrecht und zum Beitragsrecht sind hier Entscheidungen ergangen oder werden demnächst ergehen.
Zum Abschluss hielt der Veranstalter Prof. Dr. Winfried Kluth noch einen sehr interessanten Vortrag zur „Gestuften Ausgestaltung und dem gestuften Schutz von Selbstverwaltungsrechten“. Insbesondere der Grundrechtsschutz für den Bestand der berufsständischen Kammern und ihrer Eigenverantwortung waren Inhalt dieses Beitrages.
Der Kammerrechtstag ist ein sehr gelungenes Veranstaltungsformat, das es gestattet, sowohl aktuelle Problemlagen zu diskutieren, als auch zukünftige Entwicklungen in den Fokus zu nehmen.