Im Rahmen einer Anhörung zum Gesetzgebungsverfahren zum Justizstandort-Stärkungsgesetz haben sich mehrere Sachverständige für eine Reform des AGB-Rechts und eine Aufweichung der strengen Kontrolle von Allgemeinen Vertragsbedingungen ausgesprochen, obwohl dieses im konkreten Gesetzesvorschlag gar keine Rolle spielte. Das AGB-Recht stehe nach Ansicht der Sachverständigen einer Wahl des Deutschen Rechts im internationalen Geschäftsverkehr regelmäßig entgegen und sollte daher angepasst werden.
Die Initiative pro AGB-Recht hat sich deshalb mit einem Statement für die Beibehaltung des AGB-Rechts ausgesprochen.
Wirtschaft
Initiative pro AGB-Recht
Standortvorteil Deutschland
Fair, Innovationsfördernd, Rechtssicher
September 2023
Unser Ziel
Die Initiative pro AGB-Recht besteht aus rund 40 Verbänden aller wichtigen deutschen Berufs- und Wirtschaftsbranchen. Gemeinsam setzen wir uns seit über 10 Jahren dafür ein, den wesentlichen Standortvorteil Deutschlands auch künftig zu sichern – faire Verträge im berechtigten Interesse aller beteiligten Vertragspartner.
Nicht nachvollziehen können wir, warum die Justizministerinnen und Justizminister der Bundesländer diesen wesentlichen Standortvorteil Deutschlands in Frage stellen.*
Unsere Gründe
Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fördert seit Jahrzehnten Gerechtigkeit und Rechtsfrieden im unternehmerischen Geschäftsverkehr und hat sich bewährt. Es verhindert unfaire Vertragsbedingungen und schützt vor einseitigen, unangemessenen Benachteiligungen und Risiko-übertragungen. Die Vertragspartner können auf klare Kriterien für die rechtssichere Gestaltung ihrer Verträge auch mit AGB zurückgreifen. Für die von der Initiative pro AGB-Recht vertretenen deutschen Wirtschaftsteilnehmer ist diese Planungs- und Rechtssicherheit von grundlegender Bedeutung.
Das AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmern ist mit seinen bewährten Regeln auch künftigen Herausforderungen gewachsen. Es sorgt sowohl bei etablierten als auch bei neuartigen Geschäftsmo-dellen für einen angemessenen Interessenausgleich entlang der gesamten Liefer- und Leistungskette.
Geschäftsmodelle, deren wirtschaftlicher Erfolg davon abhängt, Risiken einseitig auf den in der Regel kleinen oder mittelständischen Vertragspartner zu übertragen, sind weder innovativ noch schutzwürdig. Hieran ändern weder geopolitische noch technische Entwicklungen etwas. Insbesondere angesichts zunehmender Automatisierung ist ein wirksamer Schutz vor unangemessenen Risikoübertragungen besonders wichtig, damit nicht alle Risiken automatisch auf den Schultern derjenigen landen, die diese Risiken am wenigsten beherrschen oder tragen können.
Das AGB-Recht fördert die Digitalisierung und die Innovationstätigkeit des deutschen Mittelstandes, indem es die Transaktionskosten gering hält. Unternehmer können Verträge ohne Sorge vor Haftungs-fallen und anderen unvorhersehbaren Risiken durch einseitig gestellte Klauseln ihrer Vertragspartner schließen. Beratungskosten wegen anwaltlicher Vertragsprüfungen entfallen oder werden in überschau-baren Grenzen gehalten. Dies ist ein großer Kosten- und Standortvorteil Deutschlands gegenüber anderen Rechtsordnungen, die etwa im angelsächsischen Raum einen vollkommen anderen Ansatz verfolgen.
Das AGB-Recht bewahrt und schützt zudem die Vertragsfreiheit. Sie setzt voraus, dass sich die Ver-tragspartner auf Augenhöhe begegnen. Wer aufgrund seiner Marktposition nicht in der Lage ist, die Vertragsbedingungen des Vertragspartners abzulehnen, verhandelt nicht und verhandelt vor allem nicht frei. Um auch in diesen Fällen die erforderliche Augenhöhe herzustellen, bedarf es des AGB-Rechts. Davon abgesehen kann jeder gesetzlich zulässige Vertragsinhalt individuell vereinbart werden. Das AGB-Recht schränkt diese Freiheit nicht ein.
Die von der Initiative pro AGB-Recht vertretenen Wirtschaftsteilnehmer sind sich der Vorteile des Rechts „made in Germany“, einschließlich des AGB-Rechts bewusst. Sie treten deshalb auch bei internationalen Geschäftsabschlüssen entschieden dafür ein, deutsches Recht zur Vertragsgrundlage werden zu lassen. Von einer Flucht in fremde Rechtsordnungen kann in keiner der hier vertretenen Branchen die Rede sein. Dass ausländische Investoren die ihnen bekannten Rechtsordnungen bevorzugen, ist nachvollziehbar, aber kein überzeugendes Argument, das deutsche AGB-Recht einzuschränken oder zu verwässern.
Die Initiative pro AGB-Recht warnt eindringlich davor, die Klarheit und Sicherheit des Rechts der Allge-meinen Geschäftsbedingungen sowie den damit verbundenen Fairness-Schutz als wesentlichen Stand-ortvorteil Deutschlands ohne Not leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Den eingangs genannten Schritt der Justizministerinnen und Justizminister lehnen wir mit allem Nachdruck ab!
Quelle: Bundesingenieurkammer (bingk.de)