Was sind die Pläne des neuen Vorstands?
Beisitzer Herr Dipl. -Ing. Thomas Haustein im Interview
1. Welche Gründe haben Sie bewogen, zu kandidieren?
Ich habe mich zur Kandidatur entschlossen, weil ich überzeugt bin, dass wir als Berufsstand eine starke und handlungsfähige Selbstverwaltung benötigen, die die Interessen aller Ingenieurinnen und Ingenieure wirksam vertritt – unabhängig von Bürogröße oder Tätigkeitsschwerpunkt. Nach zwei Legislaturperioden in der Vertreterversammlung wollte ich meine über 30jährige Berufserfahrung und mein Netzwerk einbringen, um in der Vorstandsarbeit aktiv an zukunftsweisenden Lösungen mitzugestalten. Der strukturelle Wandel im Bauwesen, die Digitalisierung und die sich verändernden Rahmenbedingungen der Vergabe machen es notwendig, dass wir uns geschlossen und mit klaren Positionen für faire Wettbewerbsbedingungen und eine Stärkung des Berufsbildes einsetzen
2. Welche Themen sind Ihnen bei der Ausübung des Ehrenamtes besonders wichtig? Welche Impulse möchten Sie in der Vorstandsarbeit setzen?
Mein Fokus liegt auf fairen Wettbewerbsbedingungen und einer auskömmlichen Honorierung ingenieurtechnischer Leistungen. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass sowohl kleine als auch große Büros gleiche Chancen bei Vergabeverfahren haben – durch transparente, diskriminierungsfreie Verfahren und praxisgerechte Regularien. Darüber hinaus ist mir die Nachwuchsförderung wichtig: Wir brauchen attraktive Rahmenbedingungen für junge Ingenieurinnen und Ingenieure, damit sie sich für den Freien Beruf entscheiden und langfristig Verantwortung übernehmen. In der Vorstandsarbeit möchte ich Impulse geben, wie die Ingenieurkammer zu einem stärkeren Sprachrohr für alle Mitglieder wird – klar in der Positionierung, engagiert in der Vertretung, und lösungsorientiert im Dialog mit Politik und Verwaltung.
3. Wie sollte aus Ihrer Sicht mit den Themen Vergabe und HOAI zukünftig umgegangen werden?
Wir brauchen dringend mehr Verbindlichkeit und Klarheit in der Anwendung der HOAI, insbesondere im Bereich der Basishonorare und der Einordnung der Objekte in die Honorarzonen. Die aktuelle Praxis der Preisverhandlungen führt oft zu einem ruinösen Wettbewerb – mit Qualitätsverlusten und erheblichen Risiken für alle Beteiligten. Deshalb setze ich mich auf Landes- wie Bundesebene dafür ein, die HOAI als verlässlichen Rahmen zu stärken und ihre Anwendung in öffentlichen Vergabeverfahren durchzusetzen. Bei der Vergabe sollte der Fokus wieder stärker auf Qualität und Eignung gelegt werden, nicht auf dem niedrigsten Preis. Eine faire Vergabekultur bedeutet auch, dass Planung nicht zur Verhandlungsmasse wird, sondern als integraler Bestandteil des Bauprozesses angemessen gewürdigt wird. Wichtig ist dabei mit allen Akteuren ins Gespräch zu kommen, so wie das z.B. beim Thüringer Vergabetag am 12.06.25 gemeinsam mit der Architektenkammer Thüringen versucht wurde.
4. Sind Sie der Ansicht, dass im Bauwesen tätige Ingenieurinnen und Ingenieure, die sicherheitsrelevante Planungsdienstleistungen erbringen, Mitglied in der beruflichen Selbstverwaltung sein sollten?
Ja, eindeutig. Wer sicherheitsrelevante Planungsleistungen erbringt, trägt Verantwortung für das Leben und die Unversehrtheit von Menschen. Diese Verantwortung verlangt nach fachlicher Qualifikation, kontinuierlicher Weiterbildung und der Einhaltung klarer berufsethischer Standards – all das kann nur durch eine starke Selbstverwaltung gewährleistet werden. Eine Mitgliedschaft in der Ingenieurkammer stellt sicher, dass diese Fachkräfte nicht nur kontrolliert, sondern auch unterstützt und vertreten werden. Die berufliche Selbstverwaltung ist damit kein Selbstzweck, sondern ein aktiver Beitrag zur Sicherung der Bauqualität und des Vertrauens der Gesellschaft in unseren Berufsstand.
5. Welche Bedeutung messen Sie dem Freien Ingenieurberuf und dessen Organisation in der beruflichen Selbstverwaltung zu?
Der Freie Ingenieurberuf ist ein Rückgrat der Bau- und Infrastrukturentwicklung in Deutschland – unabhängig, lösungsorientiert und dem Gemeinwohl verpflichtet. Die Organisation in der beruflichen Selbstverwaltung sichert diese Unabhängigkeit ab, indem sie fachliche Standards setzt, Qualität fördert und berufsständische Interessen bündelt. In Zeiten zunehmender Bürokratie und wirtschaftlicher Unsicherheit ist es wichtiger denn je, dass wir uns als Berufsstand über die Kammerstrukturen selbstbewusst positionieren. Nur so können wir Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen, den Nachwuchs fördern und gleichzeitig dafür sorgen, dass unsere Arbeit auf Augenhöhe mit anderen Akteuren im Bauwesen gesehen wird. Der Freie Beruf braucht eine starke Stimme – und die Ingenieurkammern sind diese Stimme.







