Die laufende Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) stand im Fokus der diesjährigen AHO-Herbsttagung, die am 23. November 2023 vor mehr als 130 Teilnehmern im Ludwig-Erhard-Haus in Berlin stattfand.
In seiner Einleitung resümierte der AHO-Vorstandsvorsitzende Dipl.-Ing. Klaus-D. Abraham, dass nach der Überarbeitung der Leistungsbilder mit dem aktuell vorgelegten Gutachten zur Evaluierung der HOAI 202X ein wichtiger Zwischenschritt im Rahmen des zweistufigen Novellierungsprozesses absolviert wurde. Er dankte allen Beteiligten, die an dieser Herkulesaufgabe mitgewirkt haben. Viele der von AHO, Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer koordinierten fachlichen Vorschläge der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten, insbesondere zu den wichtigen Themen Digitalisierung/Building Information Modeling, Nachhaltigkeit sowie Planen im Bestand wurden in dem genannten Fachgutachten berücksichtigt, das als Grundlage für das unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) anstehende Honorargutachten dient. Gleichwohl gibt es bei einzelnen Punkten noch Bedarf zur Nachjustierung, beispielsweise der Festlegung des Zeitpunkts zur Honorarermittlung in der frühen Leistungsphase 3. Gerade beim Planen im Bestand, bei der Beauftragung verschiedener Planer mit unterschiedlichen Leistungsphasen, besonders aber bei langlaufenden Projekten ist die Fixierung des Honorars auf die Kostenberechnung in dem starren System äußerst problematisch. Der AHO-Vorsitzende fordert daher nachdrücklich, dass diese praxisrelevante Thematik im dem anstehenden Honorargutachten weiter diskutiert und verbessert wird.
Die Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik im für die HOAI federführenden BMWK, Dr. Elga Bartsch, betonte die Zielstellung der Bundesregierung, die Themen Ressourcenschonung, Lebenszyklusbetrachtung sowie Nachhaltigkeit im Sinne des klimagerechten Planens und Bauens stärker in der HOAI zu verankern und auch zukünftig eine breite Akzeptanz der HOAI als Orientierungshilfe für die Praxis zu erzeugen. Mit dem vorliegenden Gutachten zur Evaluierung der HOAI-Leistungsbilder wurde auf diesem Weg ein wesentliches Stück Arbeit geleistet. Sie dankte allen Beteiligten für ihr Engagement, aber auch für die Kompromissbereitschaft. Das BMWK wird das anstehende Wirtschaftsgutachten zur Untersuchung der Honorartafeln trotz der Auswirkungen infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungswidrigen Kreditermächtigungen im Klima- und Transformationsfond mit einer gewissen Verzögerung ausschreiben und vergeben. Ziel ist die Vorlage eines wissenschaftlich fundierten Honorargutachtens im Herbst 2024. Im Anschluss soll der Verordnungsentwurf aufgestellt und mit den beteiligten Bundesministerien abgestimmt werden. Im Frühjahr 2025 ist die Beteiligung der Bundesländer geplant, damit die HOAI noch vor dem Sommer 2025 im Bundesrat verabschiedet werden kann.
Die zuständige Referentin im Bundesbauministerium (BMWSB) Katharina Gäbel ließ die Meilensteine und das umfangreiche Pensum zur Evaluierung der HOAI-Leistungsbilder Revue passieren. Am Vortag der AHO-Herbsttagung fand im BMWSB ein Abschlusstreffen statt, in dem der Einsatz und die intensive Mitarbeit der fachlich Beteiligten und des Gutachterteams rund um den Leiter Remus Grolle-Hüging, agn Niederberghaus & Partner GmbH, Ibbenbüren gewürdigt wurde.
Einen äußerst gelungenen Überblick über die wesentlichen Änderungsvorschläge in den HOAI-Leistungsbildern gab Rechtsanwalt Dr. Jörg L. Bodden, Kapellmann & Partner, Düsseldorf, der selbst im Gutachterteam mitgewirkt und die Projektgruppe BIM begleitet hat. Er wies zunächst darauf hin, dass neben der Einführung einer neuen Definition der Nachhaltigkeit diese als Planungsziel im Rahmen der Grundleistungen zu beachten ist. Allerdings bleiben besondere Nachweisführungen, wie z.B. Lebenszyklusbetrachtungen Besondere Leistungen. Zur Berücksichtigung von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung wurde ein neues Leistungsbild Städtebaulicher Entwurf vorgeschlagen.
Der Bereich Planen im Bestand wurde vereinfacht und konkretisiert. Zukünftig soll nur noch zwischen Neubau und Objekten im Bestand unterschieden werden. Die Differenzierung in Umbauten, Modernisierungen, Instandsetzungen und Instandhaltungen entfällt. Erweiterungsbauten gelten als Neubauten. Grundsätzlich bleibt es bei der bewährten Berücksichtigung von mitzuverarbeitender Bausubstanz und Umbauzuschlag. Allerdings wurde die Ermittlung der beiden Parameter konkretisiert. Ein Zuschlag bei neuen technischen Anlagen in Bestandgebäuden soll neu eingeführt werden.
Als Neuerung wird ferner eine getrennte Honorarabrechnung bei der Bildung von eigenständigen Planungs-oder Bauabschnitten vorgeschlagen. Dieser Vorschlag geht auf eine Regelung des alten § 21 HOAI 1996 zurück.
Neu gefasst und auch im Sinne des Bauvertragsrechts klarer strukturiert wurde die Regelung zur Wiederholung von Grundleistungen und zur Änderung der Planungs- oder Überwachungsziele auf Veranlassung des Auftraggebers.
Zur Synchronisierung mit der sog. „Zielfindungsphase“ in § 650p Abs. 2 BGB wurde die Grundleistung c) in der Leistungsphase 1 neu gefasst.
Alle Leistungsbilder wurden auf den aktuellen Stand gebracht und hinsichtlich der Abgrenzung von Grund- und Besonderen Leistungen geschärft. Das Ineinandergreifen der Objekt- und Fachplanungen wurde überprüft. Die Vorplanung (Lph 2) wurde auf konzeptionelle Ergebnisse zurückgeführt. In der Tragwerksplanung soll die ingenieurtechnische Kontrolle der Ausführung der wesentlichen Teile des Tragwerks auf Übereinstimmung mit den freigegebenen statischen Unterlagen als Grundleistung aufgenommen werden.
Die Fachplanungsleistungen der Anlage 1 HOAI Umweltverträglichkeitsstudie, Bauphysik, Geotechnik und Ingenieurvermessung werden wieder in den Verordnungsteil integriert. Gleiches gilt für die Örtliche Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen.
Schließlich wurde ein Regelprozess BIM mit Grund- und Besonderen Leistungen vorgeschlagen. Da die HOAI methodenneutral bleibt, muss dieser explizit zwischen den Parteien vereinbart werde. Die Honorarauswirkungen werden grundsätzlich in dem anstehenden Honorargutachten überprüft.
Schließlich wurde im Allgemeinen Teil klargestellt, dass die Grundleistungen abschließend sind. Aus aktuellem Anlass wird ferner auf die DIN 276 (2018) Bezug genommen.
Abschließend gab Dr. Bodden auch wichtige Denkanstöße für das anstehende Honorargutachten, wie beispielsweise die Fortschreibung der Tafelendwerte, die Festlegung eines Honorarwertes statt des bisherigen Honorarrahmens sowie die mehrstufige Ermittlung der anrechenbaren Kosten bis hin zu einem Blick in die Zukunft und die möglichen Themen für eine HOAI 203X.
Ein weiterer Höhepunkt der Tagung war der Vortrag von Prof. Dr. jur. Andreas Jurgeleit, Richter am Bundesgerichtshof, der eine aktuelle Entscheidung seines Senats vom 9. November 2023 –VII ZR 190/22 zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch einen Architekten darstellte, die erhebliche Auswirkungen auf die (rechts)beratenden Tätigkeiten von Planern hat. Im Ergebnis hat der BGH in seiner Entscheidung die Grenzen einer Rechtsdienstleistung durch Planer als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild deutlich aufgezeigt und klargestellt, dass der Planer nicht Rechtsberater des Bauherrn ist. Insbesondere rechtfertigt
- 5 Abs. 1 RDG nicht, Vertragsklauseln im Sinne einer Skontoklausel abzufassen. Im Gegensatz zu einigen HOAI-Kommentatoren wird ferner klargestellt, dass die preisrechtlichen Regelungen der HOAI keinen unmittelbaren Erlaubnistatbestand für Rechtsdienstleistungen begründen. Mithin sind insbesondere die Formulierungen in den Leistungsphasen 6 und 7 „Mitwirken bei…“ auf ein fachliches Mitwirken bei der Vergabe zu reduzieren. Sie rechtfertigen grundsätzlich keine Rechtsdienstleistungen.
Wie in jedem Jahr wurden im Rahmen der AHO-Herbsttagung die wesentlichen Ergebnisse der von AHO, Verband Beratender Ingenieure (VBI) und Bundesingenieurkammer beim Institut für Freie Berufe (IFB) beauftragten Jahresumfrage „Wirtschaftliche Lage der Ingenieure und Architekten“ für das Jahr 2022 vorgestellt.
Der AHO-Vorstandsvorsitzende konnte erneut ein überwiegend positives Bild der wirtschaftlichen Situation von Ingenieur- und Architekturbüros im Jahr 2022 zeichnen. Dies verdeutlichen nicht zuletzt die nach wie vor stabilen Umsätze und Renditen, auch wenn diese wegen der teilweise inhomogenen Struktur der beteiligten Planungsbüros unterschiedlich ausfallen. Planungsleistungen werden weiterhin stark nachgefragt. Allerdings ist diese Entwicklung durch den Stopp beschlossener Investitionsvorhaben im Hoch- und Infrastrukturbereich infolge der erhöhten Material- und Energiepreise aber auch der Haushaltsprobleme nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zunehmend mit Unsicherheiten behaftet.
Ungebrochen ist dagegen die Nachfrage nach fest angestellten Ingenieuren und Architekten. So gab die Hälfte der befragten Ingenieurbüros (48,7 %) einen hohen Personalbedarf an fest angestellten Ingenieuren an. Bei 32,9 % der Architekturbüros wird ein zusätzlicher Bedarf an Architekten gemeldet.
Die gesamten Ergebnisse der Jahresumfrage und weitere Informationen sind unter www.aho.de abrufbar. Dort finden Sie auch den AHO-Stundensatzrechner.